Dieser Text wird jetzt etwas länger als unsere üblichen Blogbeiträge. Hauptsächlich deswegen, weil wir die Beiträge tatsächlich noch selbst schreiben und mit diesem Text auch zeigen wollen, dass wir selbst dazu in der Lage sind, einen Sachverhalt darzustellen und interessante Informationen weiterzugeben und zusammenzufassen und zwar ohne ChatGPT-Emojis, Einleitung, Hauptteil und Fazit.
Was passiert bei Live-Podcasts?
Eine Bühne, Mikrophone, Stühle, manchmal noch ein Tisch und die Hosts des Podcasts. Das sind im Grunde genommen die Zutaten, die zu einem Live-Podcast gehören. Das wichtigste aber fehlt in dieser Aufzählung noch: das Publikum.
Live-Podcasts sind jedoch nichts neues. Es handelt sich um eine Performance auf einer Art Bühne, bei der andere Personen zuschauen können. In den allermeisten Fällen ist es wie ein relativ simples Theaterstück und die Kulturform Theater geht zurück ins antike Griechenland. Religiöse Zeremonien, bei denen Publikum anwesend war, gab es noch viel früher. Live-Podcasts sind also nichts neues, jedoch aus der Podcast-Landschaft nicht mehr wegzudenken.
Warum ist das so?
Ein Versuch einer Erklärung.
Egal ob Fest & Flauschig, Drama Carbonara oder Sitzfleisch – du nimmst deine Lieblingspodcasts mit in dein Leben. Du hast nur wenige Stimmen im Ohr, wenn du in deinen vier Wänden aufräumst, kochst, oder am Klo sitzt, doch deine Podcast-Hosts sind jedes Mal dabei. Oft kommt es vor, dass sie das letzte sind, was du am Abend vor dem Einschlafen hörst und das erste, nachdem du die Kaffeemaschine aktiviert hast. Es entsteht eine Verbindung, die sogar so weit geht, dass du dir Gedanken machst, wenn die neue Episode nicht wie gewohnt am Dienstag, Freitag oder am Sonntag veröffentlicht wurde. Gedanken wie „Geht es ihnen gut?“ oder „Was ist passiert?“ kreisen im Kopf herum. Diese Form der Beziehung nennt man „Parasoziale Beziehung“. Du bist also mit deinen Lieblingshosts in einer Parasozialen Beziehung und nebenbei muss an dieser Stelle noch erwähnt werden, dass nur du weißt, dass es diese „Verbindung“ gibt. Diese Beziehungsform kann durch verschiedene Merkmale hervorgerufen werden. Wiederholter Medienkonsum vermittelt ein Gefühl der Nähe zu den Protagonist:innen, welches nicht auf Gegenseitigkeit beruht, was aber sehr intensiv werden kann.
Bei einem Live-Podcast hat man dann die Chance, seine Stars, die man sonst nur als Stimme kennt, live zu erleben. Zum Hören kommt dann noch das Sehen dazu und wenn man schon einmal die Chance hat, seine Stars live zu erleben, dann koste es, was es wolle!
Wie funktioniert die Organisation eines Live-Podcasts?
Für diese Frage müssen wir ins Jahr 2022 zurück. Dort entstand bei uns in der Podcastwerkstatt die Idee, den Podcast „Sitzfleisch“ auf die Bühne zu bringen. Damals hatte das Format zwischen 15.000 und 20.000 Streams pro Monat und für uns war das genug, um in der Heimatstadt eines Hosts eine Location zu mieten. 180 freie Plätze, ein paar Monate Zeit um Tickets zu verkaufen und relativ überschaubare Kosten. Doch die Rechnung ging nicht auf. Zumindest nicht in der Form, wie wir es uns erwartet hatten. Neben dem Termin und der Location kamen noch eine Reihe von organisatorischen ToDos auf uns zu.
- Plakat-Design samt Flyer + Druck + Verteilung
- Vermarktung auf Social Media mit eigenem Sujet
- Werbung im Podcast
- Technische Voraussetzungen der Location
- Bühnenbild (Möbel)
- Catering für Backstage
- Professionelle fotografische Begleitung des Events
- Unzählige Meetings, um ganz dringend nichts zu vergessen
Am Ende verkauften wir nach etwa sechs Monaten 120 Tickets und nach Abzug aller Kosten blieben €600,00 im Börserl übrig. Das ist nicht nichts, aber der Aufwand beim ersten Mal hat uns alle überrascht. Der zweite Versuch für dieses Format wurde im Jahr 2024 gestartet. Mit der Vorbereitung und dem Know How aus der ersten Show und ca. 20.000-40.000 Streams mehr pro Monat als noch zwei Jahre zuvor, war die Ausgangslage eine andere.
Wenn wir dieses Mal nicht ausverkauft sind, dann machen wir das nie wieder.
Das war die Vorgabe des Geschäftsführers der Podcastwerkstatt, Daniel Roßmann, und wir konnten diese Vorgabe erfüllen.
Fast zwei Monate vor dem Event im Orpheum Extra in Graz waren wir mit 172 verkauften Tickets bis auf den letzten Platz voll. Unsere Analyse des ersten Termins hat ergeben, dass wir einen Partner an Bord holen sollten, der uns in finanzieller Hinsicht unterstützt und dem wir etwas bieten können, dass er von uns haben will: Reichweite in einer besonders wichtigen Zielgruppe.
Es war am Ende eine Win-Win Situation für unseren Werbepartner und Event-Sponsor JOIN und für uns als Veranstalter des Events, doch was haben wir anders gemacht?
Die Planung
Wir starteten nicht mehr bei Null. Wir wussten wann, wer, was zu tun hatte und welche Schritte wir schon im Vorfeld setzen müssen. Die Anmeldung der Veranstaltung bei der Behörde dauerte nicht mehr Tage, sondern Stunden. Das Design des Plakats war in wenigen Minuten fertig, denn wir wussten genau, was wir zeigen wollten und die Werbung im Podcast, welche von den beiden Hosts eingesprochen wurde, schrieb sich quasi von selbst. Bezahlte Social Media-Werbung wurde von vornherein keine geplant, was auch Zeit (und Geld) gespart hat. Wir waren von Anfang an entspannter, weil wir wussten, was auf uns zukommt.
Die Reichweite
Der Podcast Sitzfleisch entwickelte sich hervorragend. Die Wachstumskurve geht mit jedem Monat steiler nach oben und auch inhaltlich werden Straps und Flo mit jeder Episode besser und lockerer. Mittlerweile verursacht eine Remote-Produktion auf einem Campingplatz in Spanien und auf einer Autobahnraststätte in Österreich so gut wie keinen Stress mehr. Die beiden fühlen das Format und das spüren ihre Hörerinnen und Hörer. Das Feedback ist überwältigend gut. Mit 40.000-60.000 Streams pro Monat und Episoden jenseits der 10.000 Downloads nach vier Wochen sind mittlerweile das neue Normal und diese Zahlen ließen uns von Anfang an glauben, dass das Format beim zweiten Mal live besser ankommt.
Der Partner
Mit einem Partner im Rücken, ist das gesamte Projekt von Anfang an gesichert und nicht mehr von gewünschten Ticketverkäufen abhängig. Durch die Partnerschaft mit JOIN konnten wir uns auf die Qualität des Events und auf die wichtigen Dinge konzentrieren und mussten nicht möglichst viel versuchen, um mit ein paar gesetzten Schritten erfolgreich sein.
Die Community
Der Podcast entwickelte sich im Laufe der vergangenen zwei Jahre zu einem interaktiven Community-Format, in dem Fragen beantwortet und Feedback ernstgenommen wird. Ohne die Community würden es viele Themen nicht in die einzelnen Episoden schaffen und dadurch entsteht diese Verbundenheit, für die manche einige hundert Kilometer anreisen, um zwei Stunden lang ihren Stars zuzusehen, wie sie das machen, was sie sonst auch machen – nur dieses Mal mit Bild.
Wir haben einige Veränderungen in der Organisation des Events vorgenommen. Abläufe wurden optimiert, ToDos angepasst oder gestrichen und auch die beiden Hosts gingen beim zweiten Anlauf entspannter in das Projekt. Wir haben auch die richtigen Schlüsse aus der Entwicklung der Zahlen gezogen und auch bei der Größe der Location nicht übertrieben. Und wir haben uns die Zahlen des Podcasts noch genauer angeschaut und neue Pläne gemacht.
Der Podcast wächst in Deutschland stärker als in Österreich, was uns dazu veranlasst hat, eine Location in München zu buchen. Nicht irgendeine Location, sondern den Schlachthof in München. Konzerte, Kabarett, Comedy und Live-Podcasts stehen dort an der Tagesordnung und am 31.10.2025 sind wir mit Sitzfleisch Live zu Gast. Dieses Mal werden es über 400 Leute im Publikum sein. Wenn wir die Zahlen richtig interpretiert haben.
Tickets
Du willst in München live dabei sein? Dann sicher dir hier die Tickets: https://www.ultracyclingshop.com/
Weiterführende Links:
Im Horizont Österreich wurde vergangene Woche genau zu diesem Thema ein Beitrag veröffentlicht. Hinter der Paywall hier zu lesen: Warum es immer öfter heißt: Gemma Podcast schauen, von Stefan Binder.
Dieser Beitrag wurde am 22.04.2025 publiziert.